Ralf berichtet aus dem K2 Basislager:
Ein langer, anstrengender Tag liegt hinter Gerlinde und ihren Begleitern. Am Nachmittag sind sie zunächst zu siebt auf der Schulter des K2 auf 8000 m angekommen. Überraschend gute Verhältnisse
hat es dort oben, der Schnee ist kaum zu spuren und der Wind hält sich in Grenzen. Und auch für das morgige Wetter gibt es von unserem Freund und Meteorologen Charly Gabl aus Innsbruck im
Wesentlichen Positives zu vermelden: Zwar soll die erste Nachthälfte noch bewölkt sein – im Moment, 18:45 Uhr pak. Ortszeit bildet sich gerade eine Haube über dem Gipfel des K2 – in der zweiten
Nachthälfte soll es dann aber wieder aufklaren und einen schönen Tag bei moderatem Wind und angenehmen -15° C geben. Drücken wir alle die Daumen, dass es dieses Mal klappen möge. Es wäre Gerlinde
so sehr zu vergönnen.
Kurz nachdem wir gestern im Lager III (7200 m) bei allerschönstem Wetter ankamen, wurden wir gleich mit den aktuell schärfsten Gefahren des K2 konfrontiert. Schon während des Aufstiegs waren wir
fortwährendem Steinschlag ausgesetzt. Glücklicherweise ohne Folgen. Was uns am Platz von Lager III dann aber die hohen Temperaturen bescherten war doch reichlich heftig. Im Zelt über uns – im
Lager III stehen die Zelte auf ausgehackten Plattformen in einem 45° steilen Hang übereinander – hatten Fabrizio und Kinga schon den ersten Einschlag eines Steins zu vermelden. Kurze Zeit später
dann wieder dieses angsteinflössende Surren und ein kindskopfgroßer Stein schlug direkt unter uns im Zelt von den Polen Tamara und Darek ein: durch Außen- und Innenzelt, durch die Isomatte und
durch den Zeltboden. Niemand wurde getroffen aber fortan saßen auch Gerlinde und ich mit dem Helm im Zelt beim Schneeschmelzen. Die ersten beiden Stunden der Nachtruhe hatte Gerlinde den Helm
sogar im Schlaf auf.
Der Steinschlag sollte sich fortsetzen während des heutigen Aufstiegs zur Schulter: sei es dass wir selbst im steilen, extrem brüchigen Felsgelände Steine bis Koffergröße abtraten, die bisher der
Permafrost an ihrem Platz gehalten hatte; sei es dass die Steine von weit oben durch die hohen Temperaturen sich von selbst lösten und herunterdonnerten. Irgendwann auf ca. 7500 m, als ich
voraussteigend wieder einen fußballgroßen Stein durch leichtes Berühren mit den Steigeisen abgetreten hatte, war es mir persönlich zu spannend und ich beschloß für mich, das Abenteuer K2 2010 zu
beenden. Die Chance einen Stein auszulösen, der einen der Kollegen verletzt oder selbst einen Stein abzubekommen, hatte ich noch bei keiner anderen Bergtour so hoch eingeschätzt und damit war für
mich der Umkehrzeitpunkt gekommen. Wenn man den Gipfel schon einmal erreicht hat, treten die Gefahren und Risiken verstärkt in den Vordergrund. Am Nachmittag – fast zeitgleich mit Gerlinde’s
Ankunft auf der Schulter auf knapp 8000 m – war ich wieder im Basislager, von wo aus ich auch die nächsten beiden Tage versuchen werde zu berichten.
Um 18:30 Uhr hatte ich nochmal mit Gerlinde sprechen können: es geht ihr soweit ganz ordentlich. Neben den Amerikanern Fabrizio und Trey sind noch die 3 Polen Kinga, Tamara und Darek sowie der
Schwede Frederik in ihren Zelten neben ihr. Zudem waren gerade noch ein Russe und ein weiterer Pole angekommen. Heute nacht um 01:00 Uhr soll es losgehen. Vom Abruzzengrat ist niemand wie
verabredet auf die Schulter hinaufgekommen. Heute war dort wohl Ruhetag in Lager III angekündigt. Im Bereich des Bottleneck ist viel Blankeis zu sehen, meinte Gerlinde, so dass zu hoffen bleibt,
dass sich die tiefe Spurarbeit vom vergangenen Jahr nicht wiederholt.
Soviel für heute aus dem K2-Basislager, morgen melde ich mich mit hoffentlich erfreulichen Nachrichten wieder.
Einen herzlichen Gruß,
Ralf Dujmovits